Fakt 1: Opferzahl
Er zählt zu den opferreichsten Kriegen der Menschheitsgeschichte. In Relation gesehen, mit der damals lebenden Bevölkerung, ist er sogar tragischer als der zweite Weltkrieg. Die heutige Forschung geht von insgesamt 3 – 9 Millionen Opfern aus, welche im Zuge des verlustreichsten europäischen Krieges ihr Leben ließen. Wenn man bedenkt, dass zu dieser Zeit gerade einmal 15 – 20 Millionen Menschen in seinem Einflussgebiet lebten, sind diese Zahlen erschreckend. Wenige Landstriche bleiben unversehrt, wenige Dörfer und Städte werden nicht geplündert oder niedergebrannt, die Staatsordnung liegt geschlagen am Boden und das deutsche Gebiet versinkt in Leid und Chaos.
Ein Viertel – ein Drittel der Menschen ausgelöscht, viele bringt der Hunger um, Frauen werden geschändet, Kinder werden zu Waisen. Erbarmungslos brennt sich eine Spur der Vernichtung durch das Heilige Römische Reich. Erst nach 5 langen Jahren der Verhandlung im katholischen Münster und dem protestantischen Osnabrück findet das Blutvergießen am 24. Oktober 1648 mit der Unterzeichnung eines Friedensvertrages in Münster ein Ende.
Fakt 2: Der Weg zum Dreißigjährigen Krieg
Ein jedes Kind lernt in der Schule, dass der Dreißigjährige Krieg mit dem berühmten Prager Fenstersturz begann, als am 23.Mai. 1618 protestantische Adelige die Prager Burg stürmten um die verhassten königlichen Statthalter kurzer Hand aus dem Fenster zu werfen. Und obwohl die Zeit vor dem Dreißigjährigen Krieg als eine Epoche des Friedens betrachtet wird; zeigt ein Blick auf die politischen Machtverhältnisse wie viele kleinere Konflikte den Frieden bedrohten, die ihre Entladung in den Geschehnissen, nach dem Fenstersturz zu Prag fanden.
Frankreich und Spanien liefern sich ein Wetteifern um die europäische Vormachtstellung. Als Spanien versucht seine abtrünnige Provinz Niederlande zurückzuerobern und dafür einen Nachschubweg im Westen des heiligen Römischen Reichs plant, versetzt dies Frankreich zunehmend in eine Bedrohungslage und eine Lage der Wachsamkeit.
Im Ostseeraum bedroht die zunehmende militärische Präsenz der Schweden die alteingesessene Vormachtstellung Dänemarks.
Der Konfessionsstreit zwischen Katholiken und Protestanten, der seit der Reformation 1517 im Heiligen Römischen Reich schwelt, brodelt. Ein Potenzial, das sich zunächst unscheinbar gibt und sich immer wieder in kleineren Konflikten, wie dem Schmalkaldischen Krieg (1546 -47) aufheizt. Doch es ist ein Konflikt, mit dem Potenzial das Reich zu spalten. Zunächst regelt der Augsburger Religionsfrieden (1555) die Verhältnisse der Konfessionen, welcher vom Adel wohlwollend angenommen wird, doch nur eine Generation später ist dieser bereits Makulatur. Anfang des 17. Jahrhunderts kommt es immer öfter zu handfesten Auseinandersetzungen.
Fakt 3: Zweiter Prager Fenstersturz
Es ist das auslösende Momentum für Europas blutigsten Konflikt. Der berüchtigte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Die Aktion, bei der eine Meute erzürnter protestantischer Ständevertreter zur Prager Burg marschierten um aus deren Fenster die katholischen Landesherren zu werfen. Dieser Moment ging in die Geschichtsbücher ein; als Fenstersturz zu Prag; genauer… als zweiter Prager Fenstersturz. Richtig gelesen: DER ZWEITE!
Denn schon zu Anfang der Hussitenkriege (1419 – 1434), einem religiösen Konflikt zwischen Anhängern des, als Ketzer hingerichteten, Prager Theologen Jan Hus und des römisch-deutschen Königs Sigismund, drangen Anhänger der sogenannten Hussiten in das Neustädter Rathaus am Karlsplatz in Prag ein und warfen 10 Personen aus dem Fenster. Unter ihnen der Bürgermeister, zwei Ratsherrn und weitere Würdenträger. Doch damit nicht genug, auf die aus dem Fenster geworfenen warteten Männer mit Hieb und Stichwaffen um die Überlebenden niederzumachen.
Mehr Glück hatten dabei die katholischen Vertreter des zweiten Fenstersturzes, welche diesen durch durch die Polsterung ihrer Mäntel und der schrägen Beschaffenheit der Außenwand relativ glimpflich überstanden. Auch die Kugeln aus den Pistolenläufen ihrer verwunderten Peiniger erwischten keinen ihrer Rockzipfel und so verschwanden die Männer in der Stadt. Dieser berühmte Akt der Gewalt zählt heute als der Startschuss für einen mehrere Generationen anhaltenden Konflikt.
Fakt 4: Söldnertruppen statt stehender Heere
Der Dreißigjährige Krieg war ein Konflikt der Massenheere. Bilder, Gedichte, Lieder und Zeitzeugenberichte überliefern uns die monumentalen Formationsschlachten dieser Zeit, in der voll gerüstete Harnischträger vor Büchsenschützen und zwischen Kavallerie marschierten. Jedoch kämpften auf den Schlachtfeldern des Dreißigjährigen Krieges keine Berufssoldaten in staatlich organisierten Armeen gegeneinander, sondern vielmehr Söldner, die sich in einer Zeit der Brutalität einen Zuverdienst sichern wollten.
In einer Zeit in der zunehmend normale Berufe wie Viehtreiber, Bauer, Handwerker und Co. durch die plündernden Horden der verschiedenartigen Angreifer verunmöglicht wurden, etablierte sich der Beruf des Söldners. Denn auch wenn das heimische Feld in Flammen stand, Soldaten brauchte jede Seite des Konfliktes und so riss die beständige Nachfrage nach Freiwilligen nie ab und tapfere, oder lebensmüde junge Männer ergriffen ihre Chance. Dabei war es einem Söldner gleich auf welcher Seite er nun kämpfte und für welche ideologische Überzeugung eines Herren er in die Schlacht ritt. Der Hauptanreiz war mehr finanzieller Natur und so kam es nicht selten vor, dass Söldner in der langen Zeit des Konfliktes die unterschiedlichsten Herren hatten. Konnte der eine den versprochenen Sold nicht mehr gewährleisten, gingen seine Angestellten zum Feind über.
Doch nicht nur erfahrene Söldner, abenteuerliche Knaben und geldbegeisterte Tagelöhner schlossen sich den Truppenmärschen der Heere an, auch deren Frauen, Bäcker, Fleischer, Huren und andere Dienstleister und Profiteure gingen in diesen Heerzügen auf. Denn diese sorgten nicht nur für warme Mahlzeiten und einen sicheren Verdienst, sondern auch für Schutz vor feindlichen Umtrieben und Plünderungen. Erst nach dem Dreißigjährigen Krieg setzten sich auf allen Seiten des Konfliktes stehende Heere und Berufssoldaten durch.
Fakt 5: Tagebuch des Peter Hagendorf
Es gilt als wahrhaftiger Schatz, als Zeitkapsel einer lang vergessenen Epoche … Der Epoche des Dreißigjährigen Krieges. Das 1988 entdeckte Tagebuch des Berufssöldners Peter Hagendorf gibt uns einen Einblick in die Lebenswelt eines Menschen aus dem frühen 17. Jahrhundert. In seiner Zeit als Soldat legt er mehr als 22.000 Kilometer zu Fuß zurück und sah die verschiedensten Schlachtfelder Europas aus der wohl unangenehmsten Perspektive der damaligen Zeit.
Dennoch stürzte er sich freiwillig in dieses Abenteuer. Lernte Frauen kennen und lieben und gründete sogar eine Familie. Auf seinem Weg erzählt er von der Liebe, von Nachwuchs, vom Sold und den Anstrengungen der Reisen und Schlachten.
Ein Zeitzeugenbericht der einmalig ist. Seinen Namen, sein Alter und seine Herkunft kann erst später durch ein Dokument im thüringischen Mühlhausen geklärt werden. Das Buch zeigt den unerbittlichen Alltag eines Söldners zu jener Zeit und liefert, für die Forschung, wichtige Erkenntnisse über Weltanschauung, Lebensweisen und Lebensphilosophien eines Menschen des 17. Jahrhunderts.
Fakt 6: Der Schwedentrunk
Eine der grässlichsten Foltermethoden des Dreißigjährigen Krieges war der häufig angewendete Schwedentrunk. Jene Unglückspilze, die das Pech hatten zu dieser Tortur verurteilt zu werden wurden auf eine Holzbank fixiert und mit Seilen festgeschnürt, bis sie sich nicht mehr bewegen konnten. Ab und an wurde auf ihre Brust zudem noch ein Holzbrett, meist mit der körperlichen Kraft des Folterknechts, gebunden, welches das Opfer zu einer Art Schnappatmung nötigen sollte.
Anschließend wurde dem Gepeinigten ein Gemisch aus Kot, Urin, Schmutzwasser, Erbrochenen und anderen ungeheuerlichen Fäkalien über einen Trichter in den Mund eingeflößt. Neben der Erstickungsangst kam es bei vielen der Behandelten zu bakteriellen Infektionen, oder gar verätzten Luft- und Speiseröhren. Gelangte das Gemisch auch noch in die Luftröhre konnten sich daraus schwere Lungenentzündungen entwickeln, die später zum Tod führen konnten. Jene die das Ritual überstanden und nicht schon auf dem Brett geschnallt und unter dem tosenden Gejaule der Umstehenden verendeten, wurden anschließend von einer Vielzahl von Begleiterscheinungen heimgesucht.
Seinen Namen bekam das abscheuliche Ritual durch die Verwendung von schwedischen Söldnern, wurde jedoch auch von anderen plündernden und brandschatzenden Soldatenhorden angewandt. Eine unschöne Art von dieser Welt zu gehen allemal.
Fakt 7: Hexenverfolgung
Was oft im Mittelalter verortet wird, kommt tatsächlich erst in der frühen Neuzeit in jenen fürchterlichen Maßstäben auf: Die Verfolgung von angeblichen Hexen. Zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges schließlich erreichte die Hexenverfolgung ihren bedauerlichen Höhepunkt im Heiligen Römischen Reich. Während in der Zeit des Spätmittelalters und der Reformation die Strafprozesse gegen vermeintliche Hexen recht spärlich ausfielen und nur selten zu Hinrichtungen führten, waren sie zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges fast ausschließlich ein Todesurteil für die Angeklagte.
Meist sollten diese auf dem Scheiterhaufen ihr Ende finden. Als ausschlaggebender Punkt wird gern der sogenannte Malleus maleficarum, deutsch Hexenhammer, des deutschen Inquisitors Heinrich Kramer genannt, welcher 1486 erschien. Während sich in anderen Teilen Europas die Hexenverfolgung zu Beginn des 17. Jahrhunderts verlief, kam es im Zuge des Krieges im Heiligen Römischen Reich zu einer wahren Explosion an Fällen. Zwischen 1626 und 1630 verdichten sich die schlimmen Begleitumstände des Krieges immer mehr: Seuchen verbreiten sich, Hunger grassiert und Wetterphänomene und Umweltkatastrophen vernichten die Lebensgrundlage vieler Menschen.
Auch die Pest tritt wieder in Europa auf und fordert Tote. Es kommt zu einer wahrhaft schrecklichen Verfolgung unzähliger Frauen, die als Hexen gebrandmarkt für diese Phänomene zur Verantwortung gezogen werden. Im Schnellverfahren werden die Beschuldigten durch (mit Folter erpresster) Geständnisse verurteilt und hingerichtet. Allein im Kurfürstentum Köln finden zwischen 1626 und 1635 mehr als 2000 Hinrichtungen statt. Meist sollen es rothaarige Frauen sein, die mit Tieren sprechen und in Kräutern lesen, die einen Pakt mit dem Teufel eingegangen sind. Eine dunkle Zeit…